Hybrid- oder Rassehuhn?

Ich hatte viele Zweifel, ob es richtig ist, das Leben der Hybridhennen zu retten und sie alt werden zu lassen. Denn immerhin ist ihr Organismus gar nicht für ein gesundes und langes Leben gezüchtet worden.

Verlängert man mit der Rettung von Hybridhennen nicht auch ihre Qual?

Die Frage ist vielmehr, wer entscheidet überhaupt, was ein lebenswertes Leben ist? Fakt ist, dass es sie gibt, solange wir Billig-Eier konsumieren. Und das zu genüge. Daraus ergeben sich zwei Möglichkeiten: Entweder sie werden nach einem Jahr anhaltender Eierproduktion maschinell aussortiert und geschlachtet, oder...? Ich habe mich für "oder" entschieden. Die aussortierten Hennen sollen die Chance haben, ihre verbleibende Zeit möglichst artgerecht und vor allem schlachtfrei zu verbringen. Sie sollen überhaupt eine verbleibende Zeit haben, denn das haben sie sich verdient. 

Nicht doch lieber widerstandsfähigere Rassehühner?

Natürlich hätte ich auch seltenen, alten Rassehühnern ein Zuhause geben können. Die Vorteile liegen auf der Hand...

Aber auch hierbei stellt sich spätestens mit der Eierproduktion die "Gockelfrage", denn diese Hennen haben es nicht verlernt, Eier auszubrüten und sich fortzupflanzen. Und naturgemäß schlüpft aus jedem zweiten Ei ein Gockel, wodurch der Kreislauf des Aussortierens weitergeht. Eine schlachtfreie und artgerechte Hühnerhaltung bleibt somit auch in der Rassehaltung eine Illusion. 

CHARAKTERFRAGE

Rassehühnern liegen mit Sicherheit gewisse Charaktereigenschaften zugrunde.

Bei 300 optisch austauschbaren Legehybriden verliert sich leichter der Blick für Besonderheiten. Aber wer ihnen Zeit und Raum gibt sich zu entfalten und sich mit ihnen beschäftigt, wird bald erkennen, dass jede Henne ihren ganz eigenen Kopf hat. Individuelle Verhaltensmuster sowie soziale Auffälligkeiten  (egal ob mit mir oder den Kolleginnen im Stall) und unterschiedliche Ansprüche hinsichtlich Tagesgestaltung und Lieblingsspeisen. Ein Huhn tut nur was ein Huhn tun will. Und jedes dabei auf ihre eigene Art.